Römisches Kastell bei Gomadingen

Langsam kreist ein Propellerflugzeug über der Flur „Schwärze“ bei Gomadingen. Gebannt späht der Fluggast durch den Sucher seiner Kamera auf die kurz vor der Ernte stehenden Getreidefelder unter ihm. Was die Erde rund 2000 Jahre verborgen gehalten hatte und nur in alten Überlieferungen sowie durch weit verstreut aufgefundene Münzen und Scherben lebendig geblieben war, wird an diesem August-Abend des Jahres 1976 offenbar.

Aber nur eine Probegrabung konnte diese Vermutung beweisen, und schon bald war bestätigt, dass das Gomadinger Lager dem bekannten Typ eines Kohortenkastells entsprach, das um das Jahr 80 n.Chr. erbaut worden war, um Soldaten unterzubringen. Sie waren es auch, die um das vermessene Rechteck zunächst einen Wehrgraben aushoben, 4 bis 5 Meter breit und 2,5 Meter tief. An den meisten Stellen machte der harte Fels dies zu einer sehr mühsamen Arbeit. Hinter einer Holzpalisade bildete der Aushub einen Wall, der im Verteidigungsfall von innen an allen Seiten leicht zu ersteigen sein musste.

Im Herbst 2008 erfolgte dann eine geomagnetische Untersuchung des Kastells. Hier stellte sich heraus, dass das Kastell noch größer als bisher angenommen war. Dieses konnte eine Truppenstärke von 700 Mann aufnehmen.

Im Mittelpunkt des Lagers stand das Hauptgebäude mit seinen Diensträumen für die Offiziere, den Waffenkammern und dem Fahnenheiligtum. Auch die Kriegskasse war hier in Sicherheit gebracht. Daneben waren weitere Gebäude für den Kommandanten errichtet sowie das Lazarett, der Getreidespeicher und einige Werkstätten. Zu beiden Seiten der Lager-Hauptstrasse schlossen sich die Unterkunftsbaracken der Soldaten an, in denen sie auf engstem Raum leben mussten. Auch Pferdeställe waren im Kastell Gomadingen untergebracht, denn eine hier gefundene gravierte Lanzenspitze weist ihren Träger als Angehörigen einer Reiterabteilung aus. Die Soldaten und Siedler hätten wohl kaum eine geeignetere Stelle finden können für die Anlage dieses Kastells und des dazu gehörenden Lagerdorfes. Eine leicht nach Süden geneigte Anhöhe, Quellen in reicher Zahl und der Zufluss kleiner Bäche in die nahegelegene Lauter boten ideale Voraussetzungen.

Bald entstanden in unmittelbarer Nachbarschaft des Militärs Handelsbetriebe, Kneipen, Raststätten, Handwerksbetriebe und auch Gutshöfe, deren Gebäudegrundrisse sich noch heute im Luftbild abzeichnen. Wie üblich waren die Häuser des Gomadinger Lagerdorfes bis zu 50 Meter lange Holzbauten, mit ihrem Giebel zur kastellverbindenden Straße hin ausgerichtet. Eine Ausnahme, sowohl in der Form als auch in der Bauweise, bildete der außerhalb des Kastells gelegene Gutshof, der die Soldaten mit Getreide versorgte. Er war in Stein ausgeführt, unterkellert und weist die typischen Ecktürme an der Vorderfront auf. Wie die gesamte Ansiedlung lag auch dieser Bauernhof auf militäreigenem Gebiet und stand somit unter Aufsicht der Truppe. Als Besitzer ist wohl ein ausgedienter Soldat zu vermuten oder auch ein einheimischer Pächter.

Ein zentraler Ort der Begegnung war für die Römer das Badegebäude, hart an der Sohle des Lautertals gelegen. Die Fußbodenheizung benötigte ständig große Mengen von Holz und Wasser, bot aber einen Komfort, wie man ihn erst in der Neuzeit wieder kennt. Gemeinsam wurden auch die Götter verehrt, und gemeinsam wurden am Rand des Lagerdorfs die Toten bestattet. Im Gegensatz zu den Kastellen, die nach der Errichtung des Neckar-Limes um 110 n. Chr. an Bedeutung verloren, bestanden diese Dörfer bis in die Mitte des 3. Jahrhunderts weiter. Dann wurden sie von den vordringenden Alemannen zerstört.